
Satellitenaufnahme der römischen Armee um 400 n. Christus: vier Mettigel am rechtsrheinschen Ufer.
Weiberfastnacht, Traum aller Köln-Immis, Traum aller Karnevalisten und Amok-Schunkler, feuchter Traum der unbeweibten, aber trinkfesten männlichen Bevölkerungsteile. Es ist wieder soweit. Doch diesmal ist alles etwas anders. Nicht nur das Wetter ist schlecht, nein, auch die aktuelle politische und realpolitische Entwicklung fordert ihren Tribut.
Aber der Reihe nach. Positiv: Viele Touristen haben aus den Orientierungsproblemen in den letzten Jahren in der Kölner Altstadt gelernt und sich den Namen des Hotels und die Zimmernummer gut sichtbar auf der Stirn oder auf dem Oberarm eintätowieren lassen. Freundliche Einheimische helfen dann zu später oder sehr früher Stunde bei der Orientierung und dem Auffinden der Schlafstatt. Digital Natives gehen einen Schritt weiter und lassen sich die Daten als platzsparenden Barcode eintätowieren.
Problematisch ist hier die saubere Darstellung der einzelnen Striche des Codes. Arbeitet der Tätowierer nicht ordentlich, wird aus der Adresse des Hotels schnell ein Erdbeerjogurt, welches bereits am 14.03.2004 abgelaufen ist. Mit dieser Information sind dann auch einheimische Kölner überfordert und verweisen auf alteingesessene Molkereien.
Auch ärgerlich, wenn kein Mobiltelefon mit genügend Strom verfügbar ist. Oder der Kontrast zwischen dem dunklen Barcode und der sonnengebräunten Haut für den Scanner zu gering ist.
Warum dieser Aufwand, mag sich da der Durchschnittsbürger fragen. In den vergangenen Jahren war es mehrmals zu vermeidbaren Streitereien während der tollen Tage gekommen. Die volltrunkenen Fahrgäste hatten den Taxifahrern zwar den Namen des Hotels genannt, zu dem sie gefahren werden wollten, aber nicht den Standort. Deshalb fuhren einige Taxifahrer in Erwartung eines guten Geschäftes zum Hotel mit dem genannten Namen, allerdings mehrheitlich in Städten im Kölner Umland. Einen Fahrgast verschlug es gar zum Maritim Hotel in der Münchner Innenstadt. Erst als er an der Rezeption des Hotels nach dem Frühstücksraum fragte und den niederbayrischen Akzent des Angestellten vernahm, dämmerte ihm, das etwas schiefgegangen sein musste.
Auch für viele in Köln und der näheren Umgebung untergebrachte Flüchtlinge ist Weiberfastnacht die erste wirklich schwere Belastungsprobe in Deutschland. Trotz theoretischer Vorarbeit einiger Karnevalsvereine, insbesondere Sing- und Schunkelunterricht ohne Alkoholzufuhr, bleibt ein harter Realitätsschock in den meisten Fällen unvermeidbar. Deshalb sucht die Stadt Köln derzeit verstärkt nach arabisch sprechenden Psychologen mit dem Schwerpunkt Frohsinns-Trauma. Dieses Krankheitsbild war in der arabischen Welt bisher so gut wie unbekannt.
Auch für die einheimischen Karnevalisten hat sich vieles geändert. Der freiwillige Verzicht auf Kostüme mit Bezug auf Gewalthandlungen wie Cowboy, Bombenleger und Metzger, trägt seltsame Blüten. Metzger in Köln und dem Umland machen derzeit Überstunden, weil die Nachfrage nach Mett explodiert ist. In Anbetracht der aktuellen Vegetarisch/Vegan/Glutenfrei/Gesund aber Kürzer-Leben-Welle erscheint dies zunächst unverständlich. Die relativ neue Kostüm-Variante „Mettigel“ macht es möglich. Vorreiter war hier besonders Lady Gaga mit ihrem mit Fleisch dekoriertem Abendkleid.
Besonders schüchterne und ängstliche Menschen wählen dieses auf den ersten Blick ungewöhnliche Kostüm aus. Der Grund: Dieses organische und etwas ungewöhnliche Kostüm sorgt auch in größeren Menschenansammlungen zuverlässig für mehr als eine Armlänge Abstand zum umstehenden Feiervolk. Der Abstand lässt sich durch Variation, Menge und Sorte der angebrachten Zwiebeln noch variieren.
Allerdings ist dieses Kostüm für magensensible Menschen nicht geeignet. Die Polizei berichtet von ungewöhnlich vielen und zeitlich sehr frühen Magenverstimmungen mit spontanem Auswurf im Umfeld von Menschen im Mettigel-Outfit.
Auch bei der Nutzung von Bahnen und Bussen der KVB ist Vorsicht geboten. Neben der Verunreinigung der Transportmittel besteht die KVB auf einem zweiten Ticket, wenn die Mettmenge mehr als fünf Kilogramm beträgt. Dies ist messtechnisch für die Kontrolleure aber nur schwer festzustellen.
Ein negativer Aspekt ist die sehr aufwendige Befestigung des Metts am Körper. Denkbar sind beidseitige Klebestreifen, Klebestifte oder die sehr hygienische Variante mit durchsichtigen Plastikbeuteln. Oder man belässt das Mett direkt in der Verpackung und tackert mehrere davon an den Körper oder die Kleidung. Das Mindesthaltbarkeitsdatum sollte aber in allen Fällen beachtet werden.
Wird das Mett zuvor zu Frikadellen weiterverarbeitet, ist die Befestigung sehr einfach. Allerdings besteht die Gefahr, dass das Kostüm in kurzer Zeit mit Senf überzogen wird und hungrigen Feiernden zum Opfer fällt. Mehrfach wurde schon von Beißverletzungen berichtet. Unklar ist, ob es sich in allen Fällen um hungrige oder eher um sexuell erregte Personen handelte. Vereinzelt wurde auch von spontanen Aggressionen von militanten Vegetariern auf die menschlichen Mettigel berichtet. Die Kölner Polizei ermittelt.
Das Mett im Rohzustand lockt, wie bereits beschreiben, zwar auch Hungrige an. Allerdings können hier die Zwiebeln abschreckend wirken. Nicht bei allen Menschen, aber der Mehrzahl. Zu aufdringliche Personen können aber mit gezielten Würfen von schnell geformten Mett-Eiern vertrieben werden.
Mett verfärbt sich ungekühlt sehr schnell, teilweise schon innerhalb weniger Minuten nach der Befestigung. Später fällt es dann einfach ab. Deshalb werden Kölner Hundehalter gebeten, ihre Tiere am Abend nicht mehr frei laufen zu lassen, um ein Kontakt mit dem Fall-Mett zu vermeiden. Sicherheitshalber hat die Kölner Hundeambulanz mehrere Geräte zum schnellen Auspumpen von Hundemägen angeschafft. Bisher musste man sich mit Gartenschläuchen behelfen.
Für unsere Mettigel-Mitbürger ist die Anbahnung beim weiblichen Geschlecht sehr schwierig. Eher ungewöhnlich für Kostümierte an diesem Tag. Aber selbst erfahrene Fleischereifachverkäuferinnen kommen beim Kennenlernen der menschlichen Mettigel an ihre Grenzen. Aber der Mettigel ist ja sowieso eher etwas für den Einzelgänger mit Berührungsängsten mit anderen Menschen und bleibt gerne allein mit seinem Mett.
Mehrere Vampire, die sich unter das Karnevalsvolk gemischt hatten und sich einen Snack gönnen wollten, wurden mit Lebensmittelvergiftung in Kölner Krankenhäuser gebracht. Das nicht mehr ganz so frische Mett bewirkte einen kompletten Zusammenbruch der Verdauung dieser sensiblen Spezies. Teilweise wurden auch Personen mit Knoblauch statt Zwiebeln auf der Mettschicht gesehen, wodurch die Kölner Vampirpopulation ebenfalls merklich dezimiert wurde. Auf der Domplatte wurden mehrere verendete Fledermäuse mit grünem Gesicht und Schaum vor dem Maul aufgefunden.
Ein wichtiger Sicherheitshinweis: Experten raten davon ab, die Rückstände des „Kostüms“, sofern es nicht von selber herunterfällt, mit dem Dampfstrahler zu entfernen. Der Dampfstrahler bewirke zwar einen guten Reinigungseffekt, berge aber die Gefahr der Hautreizung und –Verletzung. Der Einsatz von Dampfstrahlern unter Alkoholeinfluss ist generell verboten.
Vom Mettigelkostüm zu unterscheiden ist das Hackepeterschweinkostüm. Das Schwein hat eine zweilöchrige, fleischfarbene Nase und grunzt, der Mettigel hat eine schwarze Nase, Stachel aus Zwiebelstücken und rollt sich bei Gefahr ein.
Viele Menschen fragen sich nun: Woher kommt der Mettigel und wie verlief seine Entwicklung vom Partyschmaus zur beliebten Kostüm im Kölner Karneval?
Historisch betrachtet wurde der Mettigel in seiner frühesten Form zuerst von den Römern bei der Eroberung der rechtsrheinischen Gebiete als Kriegslist eingesetzt. Die Geschichte dürfte vielen Menschen bekannt vorkommen: Über Nacht wurde ein großes, hölzernes igelförmiges Konstrukt, welches an der Außenhülle flächendeckend mit Fleischabfällen belegt war, rechtsrheinisch angelandet. In seinem Bauch befanden sich römische Soldaten. Diese verhielten sich still, um nicht entdeckt zu werden.
Die wilden rechtsrheinischen Völker sahen in dem großen Fleischigel eine Gabe der Götter, die ihnen geschickt worden war, um den harten Winter besser zu überstehen. Sie transportierten den Igel hungrig in ihr Lager und aßen das Fleisch auf der Außenseite. Des Nachts kamen die Römer aus dem Bauch des Igels und verarbeiteten die vollgefutterten und trägen rechtsrheinischen Anrainer fachmännisch zu praktisch portionierten Fleischportionen. Später wurden verschiedene Gewürze hinzugefügt und das ganze zuerst an Gefangene und dann an die Kölner Bevölkerung verfüttert, beziehungsweise dargeboten. Historische Kölner Mettigel werden im Kühlschrank des Kölschen Stadtmuseums aufbewahrt.
Bis heute streiten sich Historiker in hitzigen Debatten, ob das Trojanische Pferd oder der Kölner Mettigel zuerst da war. Ein Ende des Disputs ist nicht in Sicht.
Yvonne
Einfach nur super mach weiter so