Es ist Sonntag, kein Prosecco mehr im Haus, keine Schokolade da, die nächste Tanke unerreichbar weit, das Fitnessstudio ist zu, die Nägel sind Tip-Top, alle Freundinnen sind verreist, die Batterie des Handys ist leer, das Ladegerät verschlampt.
Was ist es? Was gibt einer Frau Struktur, wenn sonst alles wegfällt? WAS?
Nein, es sind nicht die Tonnen an Kosmetik im Badezimmer. Es ist nicht der ausdauernde Südländer, der auf ein Stichwort per SMS erscheint und alles gibt. Auch ohne Kaffeepause dazwischen.
Es ist nicht der Job, das Geld oder der durchtrainierte und makellose eigene Körper.
Es ist ein Gerät. Es funktioniert, es strukturiert, es brummt. Nein, ich meine nicht die batteriebetriebenen Notlösungen in Griffweite unter dem Bett. Auch nicht die überall gehypten und übel lärmenden Allzweck-Küchenmaschinen, die die Zubereitung eines Wackelpuddings in nur drei Stunden ermöglichen.
Es ist die Spülmaschine. Sie ist das Zentrum der Küche einer Frau, der Mittelpunkt im Denken. Die technisierte Reinheit. Sie reinigt, entlastet, schont die Haut und minimiert den Wasserverbrauch. Was hier dreckig und sorgfältig einsortiert wird, kommt glänzend und duftend wieder zum Vorschein. Eine makellose Wiedergeburt. Rein und glänzend. Sie gibt Struktur, wo vorher keine war und ordnet die Prozesse im Haushalt. Zum Wohle aller.
Nur Männer, diese Tiere, spülen noch von Hand. Verschwenden dabei tonnenweise Wasser. Wasser, diese heilige, unbezahlbare Ressource. Verschwenden Spülmittel ohne Ende, suhlen ihre dreckigen Hände im Schaum. Und lassen das Wasser beim Spülen laufen. Es verschwindet im Abguss. Verloren. Für immer.
Noch schlimmer: Männer benutzen Geschirr, Gläser und Tassen mehr als einmal. Haben sie denn nichts, aber auch gar nichts verstanden? Diese Bestien. Dabei ist das große weiße Schild mit der Blutroten Schrift über der Küchenzeile doch eindeutig:
„Benutztes Geschirr nach Gebrauch sofort und direkt in die Spülmaschine einsortieren. Ohne Umwege über die Spüle, ohne Abstellen auf der Spüle. Der Kontakt des benutzten Geschirrs mit Wasser aus dem Wasserhahn ist VERBOTEN!“
Das ist doch wirklich eindeutig. Warum halten sich Männer nicht daran? Es wäre doch so einfach und Lebensqualitätssteigernd. Sagen die zahlreichen Spülmaschinenanbeterinnen. Diese bilden mittlerweile eine neue Sekte, die vom Verfassungsschutz (alles Männer, dort!) kritisch beäugt wird.
Männer ordnen sich nicht einfach einer seelenlosen Maschine unter und geben ihre Freiheit damit leichtfertig auf. Sie kämpfen, besonders nachts.
Nachts erwacht der Widerstand. Heimlich stehen die Rebellen auf. Verlassen lautlos das Doppelbett, in der die Liebste schläft.
Er will einen Schluck Leitungswasser trinken. Nur einen Schluck. Aber nicht einfach aus dem Hahn. Er nimmt ein Glas, ein von ihm bereits benutztes Glas. Er hat es vor ihr versteckt. Heimlich. Er hält es unter den Wasserhahn. Der köstliche Nass rauscht in das Glas und füllt es in Sekundenschnelle. Das Glas läuft über, minutenlang. Der innere Triumph ist vollkommen.
„Ich habe jetzt schon mehr Wasser verbraucht als du in der ganzen Woche, du Miststück.“
Er prostet der Spülmaschine zu. Diese bleibt stumm und sehnt das Erscheinen ihrer willigen Sklavin herbei. Doch diese schläft fest. Ahnt nichts von der böswilligen Missachtung ihrer geliebten Kathedrale in der Küche.
Er atmet zufrieden durch und geht zufrieden wieder ins Bett. Wieder einen Kampf gewonnen, wieder etwas Freiheit verteidigt.
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