Gefahren lauern überall. Gestern Abend geriet ich überraschend in einen Junggesellinnenabschied. Ich hatte nach einer entspannten Radtour gerade mein Rad vor der Haustür abgestellt und wollte noch eine Runde um den Block laufen, als ich von einer Gruppe pink gekleideter Frauen umzingelt wurde.
Lautlos hatten sie sich genähert und wollten Beute machen.
Verdammt, ein Sekunde nicht aufgepasst und dann das! Der Tag war so gut verlaufen, bis hierhin zumindest.
„Wollen sie nicht unseren Junggesellinnenabschied sponsoren?“
sprach mich ein Frau mit pinker Kappe und der Aufschrift Party Queen von links an.
„Es gibt Flimms oder…irgendeinen anderen Schnaps zur Auswahl. Gegen Kohle natürlich.“
ergänzte eine weitere Party Queen, diesmal von rechts. Auch in Pink, auch mit Kappe. Sie begann in einer großen Tüte vor ihrem Bauch zu kramen und zog eine Sammlung kleiner Plastikbecher hervor. Ich war verwirrt und ergab mich meinem Schicksal.
„Wie, sie heiraten…?“
Stotter.
Ich blickte fragend in die Runde. Es waren vielleicht fünf-sechs Frauen im eher jugendlichen Alter. Die Party Queen zu meiner Linken links schüttelte ihr pinkes Haupt.
„Nee, die da.“
Sie zeigte auf eine Frau, die etwas kleiner als der Rest der weiblichen Gruppe war und statt der pinken Kappe einen Brautschleier trug. Optisch war das keine Verbesserung gegenüber den pinken Kappen und deutlich zu engen pinken T-Shirts. Modetipps waren jetzt aber bestimmt nicht angebracht.
Ich hatte die Braut bisher gar nicht zur Kenntnis genommen. Sie blickte mich forschend an. Wird der überrumpelte Mann auf den tollen Deal eingehen?
„Ja, okay. Was gibt es zur Auswahl…Ich…Was gibt es denn Schönes zu trinken?“
Ich fasste mich wieder.
„Ah, ok. Ich nehme den Flimms.“
Ein Euro wechselte den Besitzer. Ein Plastikschnapsglas wurde randscharf gefüllt und mir übergeben. Ich hatte kürzlich erst im Rahmen einer Kneipentour durch Klettenberg umfangreiche Erfahrungen mit dem Waldmeister/Wodka-Gemisch gesammelt. Es erschien mir als bessere Alternative zum sonstigen Angebot an Schnaps der pinken Queens.
„Auf die Braut!“
Zack und runter damit. Es schmeckte überraschend gut, obwohl die Flüssigkeit wohl schon vor längerer Zeit aus dem Kühlschrank entnommen wurde.
Die Beutelträgerin hakte direkt nach:
„Wollen Sie noch einen?“
Na gut.
„Ach, warum nicht?“
Seufz.
Der zweite Schnaps war deutlich billiger. Ich übergab mein restliches Kleingeld, vielleicht noch etwa 0,50 €, aufgeteilt in eine Handvoll Münzen.
„Prost, auf die Braut!“
Diesmal etwas beschwingter.
Die Mädels strahlten mich an. Der zweite schmeckte tatsächlich noch einen Ticken besser.
Sei vorsichtig, Alter! teilte mir mein Verstand mit.
Ich gab den leeren Becher zurück und wünschte dem pinken Party-Volk noch einen schönen Abend und der Braut alles Gute.
Wieder eine weg von der Straße, dachte ich mit dem Geschmack des Waldmeisters im Mund. Kaum hatte den ersten Schritt weg von der Gruppe getan, entfuhr mir ein lautes:
„Boah.“
Schallendes Gelächter hinter mir.
Es hätte schlimmer kommen können.
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.