Lieber Entdecker, warum schreibst du in letzter Zeit so wenig? Das höre ich in den letzten Wochen immer wieder. Natürlich von Leserinnen. Damit verbunden ist meist die Aufforderung, ausgesprochen oder unausgesprochen, bei Wein (meistens) oder Kaffee (seltener) gemeinsam Material für neue Geschichten zu erarbeiten.

Meine Antwort ist immer die Gleiche: Du dummes, dummes Ding, ich arbeite gerade an einem etwas längerem Text. Einem Text, der bereits deutlich über 25.000 Zeichen hat und die bisher höchste Dichte an Erkenntnissen aller meiner Kreationen aufweist. Veröffentlichung ist im Herbst für die e-Reader unter euch. Eine analoge Fassung ist auch in Planung. Ich schreibe viel, veröffentliche aber nicht so viel. Aber natürlich möchte ich meine Leserschaft an einigen aktuellen Entwicklungen teilhaben lassen.

Also: Was war so los in den letzten gut acht Wochen? Abseits von Broterwerb, Kaffeepausen und Ruhezeiten. Einiges. So war ich mehrfach als Maler und Lackierer verkleidet im Baumarkt unterwegs, um Wandfarbe und andere prickelnde Accessoires für den Wohnungsneubezug zu erstehen. Dort habe ich mich auch ausführlich über die Saugkraft und Farbabgabe von Malerrollen informiert. Völlig fremde Welten taten sich auf.

Und ich war sogar drei Mal bei Ikea. Freiwillig. Zwei Mal mit konkreten Kaufabsichten und einmal nur zum Schlendern mit netter Begleitung. Es war eher ein flanieren. Allerdings wurde mir der Genuss einer Zigarre, einer wirklich milden, handgerollten Zigarre, beim Durchqueren der Kinderabteilung untersagt. Das fand ich etwas kleinlich. Schließlich bin ich im Freizeit-Modus dort unterwegs. Aber das tat meiner guten Stimmung keinen Abbruch.

Ich habe dort tatsächlich ein Möbelstück und diverse Lampen und Einrichtungskram für meine Wohnung erstanden. Fragen zur Einrichtung beschäftigen mich sehr. Aber ich bin kein kompetenter Einrichter.

Aber zum Glück sind Frauen oft mit dieser Gabe gesegnet. Also lasse ich mich gerne beraten. Sobald aber mehr als eine Frau zu diesem Thema befragt wird, kann es Problem geben. Dann stehen nämlich zwei völlig verschiedene Einrichtungskonzepte im Raum. Und mindestens eine Freundschaft steht bei der Entscheidung für eines der beiden Konzept dann auf der Kippe.

Ich war noch sehr jung, als ich zuerst den Namen Ikea vernahm. Dieser wirkte sehr inspirierend auf mich. Viele Assoziationen spukten in meinem Kopf herum.

„Ich habe einen Ikea. Das ist ein total toller Papagei, der schnell Worte und ganze Sätze lernt und den ganzen Tag gut drauf ist und mich zum Lachen bringt.“

Diesen Quatsch habe ich im Kindesalter irgendwelchen nervigen Deppen erzählt, die daraufhin von ihren Eltern auch einen Ikea haben wollten und diese monatelang damit nervten. Jeden Tag eine gute Tat. Mit steigendem Alter war ich in unregelmäßigen Abständen bei den alten Pappholzschweden. Vor allem weil der Duftkerzenbestand meiner jeweiligen Begleitung stark zu Neige ging. Und ohne Kerzen kann kein weiblicher Organismus lange überleben.

Der immense Verbrauch von Ikea-Duftkerzen dürfte auch einer der Hauptgründe für die kommende Klimakatastrophe sein. Was aber weitaus schlimmer ist: Die duftenden Ausdünstungen zahlreicher Duftkerzen im Bad, in Verbindung mit übermäßigem Konsum von Rotwein in der Badewanne, dürfte schon vielen Single-Frauen das Leben gekostet haben. Denn:

Alkohol + Duftkerzenbetäubung = Tauchgang.

Und das ist ungesund.

Vor Jahren habe ich mir mal einen Anzug ruiniert, weil beim Erstbesuch in der Wohnung einer neuen Bekanntschaft die zahlreichen Kerzen den Weg von der Eingangstür bis zur Couch zu einem flammemden Spießrutenlauf werden ließen. Es macht schon Sinn, bei speziellen Gelegenheiten feuerfeste Kleidung zu tragen.

Ein entspannter Spaziergang durch Ikea ist auch soziologisch betrachtet sehr lehrreich. Es tut einfach gut, anderen Pärchen beim Streiten über die zukünftige Wohnungseinrichtung zuzusehen. Es stimmt schon: Wer wissen will, ob der Partner oder die Partnerin wirklich für was ernsthaftes geeignet ist, sollte schnell in einer zu kleinen Wohnung mit ihr oder ihm zusammenziehen und ein paar Mal am Wochenende zu Ikea fahren. Dann, wenn es richtig voll ist und die Leute sowieso genervt sind. Das beschleunigt den Prozess des Kennenlernens und des Aussiebens ungemein. Beziehungscheck nennt man das.

Übrigens habe ich gestern das Möbelstück mit einem sehr geduldigen Handwerker an meiner Seite errichtet. Es handelt sich um Knopparp, das einfachste und günstigste 2-Personen Sofa. Es war das einzige Exemplar, welches in die Nische in der Küche passt. Und das leichteste. Und: Sofa schlägt Holzbank. Etwas Komfort muss ja auch sein.

Leider hat ein Materialfehler den Bau auf über zwei Stunden ausgedehnt. Der Bau eines Möbelstückes kann eine Vielzahl menschlicher Erfahrungen für den Betroffenen bereithalten. Es beginnt mit Freude beim Verlassen des Möbelhauses, geht über Neugierde beim Betrachten der einzelnen Teile, Frustration beim Zusammenfügen der Teile, Hass bei der Feststellung, dass etwas Wichtiges fehlt oder nicht in Ordnung ist und schließlich Radikalisierung, wenn das unfertige Möbelunikum direkt aus dem Fenster auf die noch geschlossenen Mülltonnen vor dem Haus entsorgt wird. Ohne meinen geduldigen Helfer wäre ich direkt von Punkt eins (Freude) zu Punkt fünf (Entsorgung) gesprungen und hätte alle Zwischenschritte verpasst. Das wäre doch sehr schade gewesen.