An sommerlichen Wochenenden gibt es unzählige Freiluft-Events in der Domstadt am Rhein zum sinnvollen Zeitvertreib. Heute werde ich mal bei auf einer Elektroparty im Blücherpark vorbeischauen. Eine Horde Freunde und Bekannter will sich dort zum Grillen und chillen einfinden.
Am dem Weg dorthin lausche ich einer alten Live-Aufnahme von Metallica, aufgenommen in Mexiko City Anfang der Neunziger. Ich habe diese tolle Aufnahme erst vor ein paar Wochen wiederentdeckt und seitdem läuft sie ständig. Ich kann sogar die Texte noch auswendig. Nicht schlecht, immerhin ist das über 25 Jahre her.
Die Songs sind einfach geil. Metal-Klassiker, schnell, hart und mitreißend. Bei den Ansagen verwendet der Sänger gerne Worte wie Fuck, Shit und Yeah. Offenbar spreche ich die Ansagen laut mit, weil mich am Eingang des Blücherparks einige Leute mit großen Augen ansehen und besorgte Mütter ihre Kinder hektisch beiseite ziehen. Zu den Klängen von Harvester of Sorrow betrete ich den Park, spreize die Arme und rufe der Menge zu:
„Hello Blücherpark, are you ready for some fuckin´rock and roll?“
Ich finde aber kaum Beachtung. Alle sind mit irgendwas beschäftigt. Na gut, dann suche ich mal die anderen.
Diese Elektroparty im Park ist eine Mischung aus Freiluft-Tanzen, Grillparty, Kindergeburtstag und saufen in der Sonne. Direkt am Weiher wird zu elektronischen Klängen in Flip-Flops getanzt. Auf der Suche nach meiner Park-Gang laufe ich an mehreren Hipster-Familien vorbei. Hier werden auf schön altmodischen Holzkohle-Grills vegane Schnitzel aus dem Öko-Supermarkt über kleiner Flamme gebrutzelt. Papi, natürlich mit Vollbart, Kappe und großflächiger Achtziger Jahre-Brille, hockt am am Grill und versucht die Flammen zum Züngeln zu bewegen. Mutti wiegt das Baby in den Armen und tanzt dabei sanft zu den deutlich vernehmbaren Klängen von der nahen Tanzfläche. Das Baby in ihren Armen schläft friedlich vor sich hin, trotz des lauten Treibens. Der Hipster-Rest arbeitet sich konzentriert durch die Bestände an Dosenbier und Finger Food im Schatten des aufgebauten Zelts. Entspannter geht es kaum.
Ein mobiler Flaschenbier-Verkäufer verschachert seine Ware an die durstige Kundschaft. Jungs bezahlen zwischen 2,50 bis 3 € pro Flasche, Mädels 2 bis 2,50 €. Diese Preisdifferenzierung nach Aussehen hat was.
Da sitzen sie ja meine Mädels. Großes Hallo. Zur Begrüßung gibt es erst mal eine Umarmung und dann ein Zwickel-Bier aus dem Saarland. Dieses ist trinkbar, gewinnt durch die Zugabe von etwas Limo aber noch deutlich an Genießbarkeit. Sofort werde ich über ihre Erlebnisse auf einem Open Air-Festival am letzten Wochenende und die neuesten Vorkommnisse bei der morgendlichen Frühschicht im Intensivbereich eines Kölner Krankenhaus informiert. Ich spüre augenblicklich ganz tief in mir, wie gut es ist, dass andere diesen Job machen und nicht ich. Ich putze zwar ganz gerne meine Wohnung, beseitige meinen Dreck und brate gern mit der Pfanne. Aber andere Kombinationen müssen nicht sein.
Nach ein paar Bier ziehen wir ein paar Meter weiter zu einer größeren Gruppe von Freunden, Bekannten und Unbekannten. Sie haben ihre Picknickdecken näher an der Tanzfläche aufgeschlagen. Einige habe ich länger nicht gesehen. In der Zwischenzeit sind Kurzhaarfrisuren offenbar in Mode gekommen.
Wieder großes Hallo. Wir breiten unsere grüne Picknickdecke aus und weiter geht es mit den letzten Flaschen Saar-Zwickeln. Hier ist es deutlich lauter, alles quatscht, durch die vielfältigen Kaltgetränke befeuert, durcheinander. Der Bass von der Tanzfläche bringt die Füße zum Mitwippen. Die Luft ist schwer von den Gerüchen nach Würstchen, Zigaretten und Gras.
„Hier riecht es aber ordentlich nach Gras“
entfährt es mir ob des holländisch, schweren Aromas in der Luft.
„Wat meensten du für Gras? Gemähtes, feuchtes oder watt? Das musst du schon watt präzisieren!“
antwortet eine aufgekratzte Frau und ich wähne mich kurz auf einem Sommerfest in der Bundeshauptstadt. Ich antworte:
„Also ich rieche trockenes, feuchtes und Gras in dicht gewickelter Form zum Rauchen. Deshalb sind die zahlreich vorhandenen Kinder wahrscheinlich auch so entspannt. Und die dazugehörigen Eltern erst.“
Sie nickt.
Ein paar Köpfe drehen sich von den Nachbar-Picknickdecken zu mir und grinsen sehr breit. Die gerollte Gras-Variante hat hier mit Abstand die meisten Anhänger.
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