Nummer 1: „Der hat nichts gesagt und ist einfach abgehauen. Einfach so!“

Nummer 2: „Der Penner.“

Nummer 3: „Das war ja schon am Freitag klar. Isch hab´s dir gleich gesagt!“

Bis vor drei Minuten war ich völlig entspannt. Die feuchte Hitze, das Dämmerlicht, die Wortlosigkeit. Saunieren ist was Feines. Der Schweiß rinnt, der Körper beginnt zu garen, ganz langsam. Dann ist irgendwann die Schwelle erreicht. Es ist zu viel. Dann heißt es: Raus hier, schnell unter die Dusche. Die Dusche ist erbärmlich kalt, brrr. Dann der Sprung ins Kaltwasserbecken. Ein paar Sekunden unter Wasser. Aus dem Kältegefühl wird Wachheit. Erschöpft steigt man aus dem Becken, wickelt das Handtuch um die Hüfte und lässt sich auf ein gut gepolstertes Sofa fallen. Und dann einfach dem erschöpften Körper etwas Ruhe gönnen. Schnarch.

Als die Glastür der Sauna vor ein paar Minuten aufging, war ich noch weit von meiner persönlichen Saunahitze-Belastungsgrenze entfernt. Und jetzt fühle ich mich genervt. Genervt von den Dreien.

Sie sind reingekommen und haben die mittlere Holzbank zu meiner Rechten okkupiert. Drei junge Frauen um die 20. Mit der Ruhe ist es schlagartig vorbei. Sie haben intensiven Gesprächsbedarf miteinander. Das Thema ist so wichtig, dass es für alle in dieser Sauna laut und gut hörbar diskutiert werden muss. Alle, das ist ein Typ mit Vollbart, dessen am ganzen Körper tätowierte Freundin. Und ich.

Nummer 1 redet sich in Rage. Sie hat wasserstoffblondes Haar. Im starken Kontrast dazu steht die Farbe ihrer Haut. Die ist unnatürlich dunkel gebräunt. Der Bohlen-Effekt. Nummer zwei und drei sind nicht so dunkel gebräunt, versuchen aber farblich zu Nummer 1 aufzuschließen. Jedenfalls sind beide stark gerötet im Gesicht. Ein heftiger Sonnenbrand. Da werden die Hautärzte in ein paar Jahren wieder Überstunden schieben müssen.

Nummer 1 und 3 haben jeweils ein Kettchen am Knöchel des linken Fußes. Vermutlich gehen sie erst hier raus, wenn sich das Muster des Kettchens in den Knöchel eingegrillt hat. Brand-Tattoos sind ja gerade sehr beliebt.

Ich habe eine Brille aus Kunststoff auf der Nase. Diese ist jetzt schon tierisch heiß. Oder bin ich nicht so belastbar? Vielleicht sind die Knöchelkettchen der Mädels gar nicht aus Metall, sondern auch aus Kunststoff. Dann schmilzt sich das Muster ein.

Kürzlich hat mich ein Mädel in der Sauna halb im Ernst, halb lustig, gefragt warum ich in der Sauna eine Brille trägen würde. Es gäbe da doch gar nichts zu sehen. Ich habe todernst geantwortet, dass ich mich ohne Brille nach dem Betreten der Sauna sonst mit den Händen vortasten müsste. Und dann wäre das Geschrei noch größer. Das hat sie eingesehen.

Der Vollbart und sein Tattoo-Weibchen streichen die Segel und flüchten vor dem Sprach-Lärm aus der Sauna. Ich bin auch genervt, bin aber nicht gewillt so schnell aufzugeben.

Nummer 1: „Bist du DUMM, oder was? Ich hab nie was über dem gepostet!“

Sie hat wirklich Dem gesagt. Sie meint den Penner, der es vorgezogen hat zu flüchten. Vor ihr.

Nummer 3: „Klar! Isch hab´s sogar geliked! Du hast gepostet. Mit dem Bild von eusch!“

Nummer 2: „Isch geh gleich Facebook!“

Isch gehe hier gleich kaputt. Wie heißt nochmal der Bond, in dem ein Typ in der Sauna eingeschlossen und von den Bösen Jungs  gegart wird? So komme ich mir auch gerade vor. Allerdings werde ich mehr audiovisuell gegart.

Dann geht alles ganz schnell. Plötzlich großes Geschrei, dann verschwinden die Drei schlagartig durch die Tür nach draußen.

Und es ist wieder still.

Was´n hier los?

Und dann sehe ich es. Etwas quietschgelbes liegt auf dem hölzernen Boden. Einer der Drei muss ein Stück vom Fingernagel abgebrochen sein. Der war wohl nicht ordentlich angetackert. Das hat gereicht für eine überstürzte Flucht aus der Sauna.

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