Es ist Herbst. Das sollte es zumindest sein. Beim Blick aus dem Wohnzimmerfenster zeigen sich die Bäume größtenteils ihres Laubes beraubt. Den Temperaturen nach bin ich aber versucht, im T-Shirt einkaufen zu gehen.

Der Mensch laubt zwar nicht, hat aber in dieser Jahreszeit das starke Bedürfnis sich einzukuscheln. Es ist morgens lange dunkel und es wird am Nachmittag früh dunkel. Der Lichtmangel kann Schwermut beim Menschen auslösen. Kuscheln hilft, trübselige Gedanken zu vertreiben und entspannt über die dunkle Jahreszeit zu kommen.

Besonders Frauen sind von diesem Phänomen betroffen. Dem Einzelhandel ist dies bekannt. Jede Woche wird der Briefkasten mit Prospekten geflutet. Werbemäßiger Schwerpunkt sind Kuscheldecken, Ganzkörperkuschelanzüge und Kerzen. Wahrscheinlich zum Beheizen der Kuscheldecken von außen. Ich meine richtig große Kerzen, nicht diese lächerlichen Ikea-Ganzjahres-Teelicht-Stimmungskanonen.

Das Angebot an Kuschelutensilien ist unüberschaubar. Kuscheldecken gibt es schon ab 8 € bei diversen Nice Price-Ketten im Angebot. Im Regelfall sind diese Decken weiß mit schwarzen Sternen oder schwarz mit weißen Sternen darauf und bei 30 Grad waschbar. Zumindest einmal. Wahrscheinlich werden bei höheren Wasch-Temperaturen die Sterne durch aggressive Tenside weggewaschen oder Sterne und Untergrund vereinen sich farblich zu einem schmutzigen, wenig kuschelaffinen Grauton. Das würde zur haptischen Anmutung dieser Synthetik-Lappen passen.

Diese Decken sind in einem Format, dass eigentlich nur kleinwüchsigen Menschen das Einkuscheln in die Decke erlaubt. Also etwa Geschirrtuchgröße. Größere Decken-Formate können dann schon mal über 10 € kosten, lassen sich dann aber schon bei 40 Grad per Handwäsche waschen. Es handelt sich dann um Polyester, was ja bekanntlich extrem anschmiegsam ist.

Bei Karstadt und Kaufhof gibt es hochwertige, schwere Decken für die anspruchsvolle, gehobene Kuschel-Frau. Farblich dominieren harmonische, warme Erd- und Grautöne das Angebot. Ein wunderbar dichter Flor, Anschmiegsamkeit in höchster Vollendung und äußerst pflegeleicht. Dazu ein exquisites Cashmerefeeling und der zarte Duft von Rosenblüten.

Was will Frau mehr?

Zum Beispiel die neuen, mit Sensoren versehenen Decke aus der Serie „Digital Kuschelmuschel“. Diese Decken wickeln sich automatisch um die Eigentümerin, sobald diese am Abend fröstelnd das Sofa im Wohnzimmer besteigt und sich dann voller Vorfreude in die Kissenberge wirft. Der Fernseher geht sofort automatisch an und ein Promi-Magazin berichtet exklusiv aus der Welt der Reichen und operierten C-Promis.

Digitale Decken erkennen die Anwesenheit ihrer Herrin, messen die Stärke ihrer Gänsehaut und passen automatisch die Heizungstemperatur im Raum an. Zum Schutz vor einer möglichen Überhitzung werden parallel mehrere Flaschen Prosecco im Kühlschrank um einige Grad mehr als üblich runtergekühlt. Erkennen die Sensoren, dass es sich um eine oder mehrere Single-Frauen handelt, werden sofort die Dating-Profile südländisch aussehender Single-Männer auf deren Handy und Tablet geschickt.

Die Abgrenzung der Kuscheldecke zu anderen Decken ist nicht ganz einfach. Nur Experten können die Vielzahl der Varianten und Materialien noch auseinanderhalten. Kuscheldecken werden auch unter Tarnbezeichnungen wie Wohndecke, Flauschdecke, Felldecke, Webpelzdecke, Bettüberwurf, Mikrofaser-Flauschdecke, Hundedecke, Abdecke, Geschirrtuch (in Übergröße), Tischdecke, Wende-Plaid oder, völlig irreführend, nur als „Decke“ bezeichnet.

Sehr beliebt sind Decken, die den Namen von Städten tragen. Wer also „Miami“ in 220 x 200 cm online ordert, kriegt eine Heizdecke im Stranddesign geliefert, die als Bonus einen integrierten Cocktailmixer hat und beim Kontakt mit Sonnenmilch unterhalb der Stärke 50 rot leuchtet. Dann droht nämlich Sonnenbrandgefahr.

Das Modell „Wintertraum“ besteht komplett aus Fell ungeklärter Herkunft, duftet nach gerösteten Mandeln und  Lebkuchen aus dem Vorjahr, ist nicht waschbar und löst bei Asthmatikern augenblicklich tränende Augen und Atemnot aus. Frauen lieben aber diese Decke, weil sie so wunderbar flauschig und kuschelig ist. Farblich passt sie wunderbar zu dem neuen Ganzkörper-Winter-Wohlfühlanzug von Tchibo.

Allerdings reagieren Hunde aggressiv auf diesen Decken, weil ihr Geruchssinn die Anwesenheit mehrerer Artgenossen erspürt. Und diese sich auch noch an ihrem Frauchen zu schaffen machen. Deshalb empfehlen Decken-Experten den Tierfreunden, ihren heimischen Hund erst mal ein paar Nächte auf der neuen Decke schlafen zu lassen. Dann haben sich beide Seiten akklimatisiert und aneinander gewöhnt.