Ich liebe Weihnachtsmärkte. Es ist so schön, durch die Holzbudengassen zu streifen und mit Freunden Weihnachtslieder im betörenden Duft der gebrannten Mandeln zu singen. Die Weihnachtsmärkte haben gerade geöffnet und es ist rechtzeitig kalt geworden, um dem Glühwein eine Existenzberechtigung zuzugestehen.

Weihnachtsmärkte sind für viele Menschen im Rheinland das natürliche Bindeglied von den Feierlichkeiten zum Karnevalsanfang bis zum Neujahrsmarkt. Dieser geht dann wiederum in die Karnevalsfeierlichkeiten über. Ähnlich wie Fitnessstudios und All-Inklusive-Clubs bieten Weihnachtsmärkte Gemeinschaftsgefühl und Unterhaltung. Verbunden mit Nahrungsaufnahme. Allerdings im Freien und mit deutlich höherer Chance auf Magenverstimmung und eine ordentliche Erkältung.

Im Gegensatz zum Karneval muss man sich nicht aufwendig verkleiden und volllaufen lassen, um jemanden abzuschleppen. Das abfüllen reicht völlig aus. Allerdings unterstützen Weihnachtsmannmützen die heimelige Stimmung und den Weg zur Zweisamkeit.

Wenn der Ruf

„Drei Bratpimmel mit Senf und einmal Gyros plus Zaziki mit Pommes Schranke!“

ertönt, kann ein Stand mit Fleischprodukten nicht weit sein.

Für die heimische Nahrungsmittelindustrie ist Weihnachten ein Umsatzbringer. Bei den Grillfleischverwertungsbetrieben im Wintergewand werden jetzt wieder die volkstümlich „Bratwurst“ genannten, länglichen Wurst + Gewürze + Sonstiges-Mischungen unter den Namen Metzgerbratwurst, Rostbratwurst, Rost-Bratwurst, Thüringer Bratwurst und Bratwurst Grob an die hungrigen Besucher verschachert.

Sehr einladend sind die übergroßen Pfannen in denen Zwiebeln, Champignons, Fleisch und fleischähnliche Bestandteile in einer lustig kochenden, dunklen Flüssigkeit vor sich hin brutzeln. Spätestens am zweiten  Advent ist der Inhalt gut durchgezogen und ganz neue Geschmackserlebnisse warten auf den Weihnachtsmarkt-Gourmet.

Mir gefällt auch die weihnachtliche Bedruckung der Buden der Fleischprodukteanbieter. Diese werben gern mit bunten, lustigen Bildern von glücklichen Rindern, Schweinen und anderem Nutzvieh für ihre Produkte. Glückliche Tiere sind mir sehr wichtig. Weihnachten sollten alle Menschen und Tiere glücklich und zufrieden sein. Der Gedanke daran ist rührend.

Auch die Getränke sind nicht zu verachten. Großartig ist besonders der Eierpunsch. Sehr zuverlässig wirkt diese Zucker-Eier-Alkohol-Mischung auf den menschlichen Organismus. Er hellt die Stimmung auf und kürzt den Weg zu Diabetes deutlich ab. Es wäre einfach zu profan, sich zu Hause eine Flasche Eierlikör für 9 € das Stück hinter die Binde zu gießen. Da fehlt das Ambiente und die richtige Gesellschaft. Punsch ist übrigens die Fachbezeichnung für gestreckten Eierlikör, nah am offiziellen oder tatsächlichen Verfallsdatum, plus extra Zucker zu einem attraktiven Preis. Für den Verkäufer.

Achtung: Wer Eierpunsch pur, also ohne Sahne bestellt, kriegt ein halbvolles Glas Punsch zum vollen Preis. Dafür ist der Zuckergehalt auch etwas niedriger. Also eher ein Getränk für Figurbewusste.

Auf den Weihnachtsmärkten werden auch ganz selten vorkommende Berufe ausgeübt. Ja liebe lehrstellensuchende Jugendliche, diese Berufe werden nur auf Weihnachtsmärkten ausgeübt. Der Rest des Jahres ist frei.  

Ein Beispiel ist der Mandelheizer. Seine Bedeutung ist nur mit der von Fluglotsen und dem Fußball-Nationaltrainer zu vergleichen. Die Ausbildung ist aber etwas kürzer. Oft handelt es sich um ein Kind oder einen kleinwüchsigen Menschen. Dieser sitzt, mit einem Fön ausgestattet, in einem sehr kleinen, schalldichten Raum unterhalb der Mandelauslage und wärmt die frisch gebrannten Restmandeln der letzten Tage auf. Und er karamellisiert den frisch aufgebrachten Zucker.  Da muss man sehr behutsam vorgehen, sonst werden schwarze Diamanten aus den Mandeln. Ohne diesen anstrengenden Beruf würden Weihnachtsmärkte nach ranzigem Bratenfett und erhitzten Rotweinresten riechen. Widerlich! Nicht auszudenken!

Auch ein ungewöhnlicher Anblick ist der Pfannenwender. Dieser wendet keine Pfannen, sondern rührt den Inhalt der großen Pfannen voller Leckereien regelmäßig um und verhindert ein Anbrennen des Inhaltes an den Pfannenboden.

Er hat oft auch eine spezielle Ausbildung als Weihnachtsmarkt-Rettungsschwimmer. Diese befähigt ihn, auch in badewannengroßen Pfannen voller Nahrungsmittel zu tauchen und Nichtschwimmer aus der Pfanne zu bergen. Und das bei hohen Temperaturen und ohne Sicht. Viele unachtsame Menschen verdanken dem Pfannentaucher ihr Leben. Respekt!