Wir setzen uns an einen Tisch draußen vor dem Café. Der Tisch liegt noch halb im Schatten, aber die Sonne wandert schnell um das Eckhaus gegenüber herum. Ich spüre schon die ersten Strahlen auf meinen ausgestreckten Beinen emporkriechen. Herrlich.
Es ist Samstagnachmittag und ich habe mir fest vorgenommen, mir heute nichts vorzunehmen. Nichts. Gar nichts. Außer möglichst viel Sonne in Begleitung einer netten Begleitung zu tanken, diese hin und wieder zu küssen und nicht zu verdursten. Zur Begleitung dieses begleiteten Abhängens vor diesem Café in Sülz ordere ich einen Latte und ein Kaltgetränk.
Dann drängt sich mir mit Macht die Frage aller Fragen auf: Soll ich ein Stück Kuchen ordern? Es ist schließlich immer noch Fastenzeit. Ja, ich habe ein paar Mal gegen die Fastenregeln verstoßen und Süßes gegessen. Und an einem denkwürdigen Abend sogar etwas Wein inhaliert. Aber keine Regel ohne Ausnahmen. Ich fühle mich gut. Sehr gut sogar. Ich weiß, ich kann enthaltsam sein. Problemlos. Zwei Kilo sind schon runter. Nur durch freiwilligen Verzicht auf Süßes und Alkohol. Wenn ich den Haarverlust beim letzten Friseurbesuch mitrechne, sind es sogar fast vier Kilo. Das ist doch ein nicht unerheblicher Teil meines Körpergewichtes, der da verlustigt gegangen ist. Soviel zur Statistik.
Jetzt, hier, in diesem Moment, mit diesem Kaffeegetränk vor mir auf dem Tisch und dieser entspannt in der Sonnen lächelnden Frau rechts neben mir ist ein Stück Apfelkuchen mit Streuseln die richtige Entscheidung. Ja, ich gebe es gern zu: Beim Blick in die Kuchenvitrine im Schaufenster hinter mir habe ich nur noch zwei Stücke des Apfelkuchens erblicken können. Das etwas knappe Angebot hat meine Entscheidung pro Kuchen etwas beeinflusst. Aber wirklich nur ein bisschen.
Die Sonnenstrahlen haben jetzt mein Gesicht erreicht. Im Schatten war es kühl, jetzt wird es schlagartig warm. Ich krempele die Ärmel meines weißen Hemdes hoch. Die schwarze Sonnenbrille schützt meine allergiegeröteten Augen vor der direkten Konfrontation mit den Armen des fernen Glutplaneten.
Da ist der Kuchen auch schon. Die Frau an meiner Seite darf natürlich probieren. Der Kuchen mundet ihr. Obacht! Ich muss mich beeilen einen zufriedenstellenden Anteil daran zu ergattern. Auf dem Tisch liegen zahlreiche Promiblätter mit mir unbekannten Prinzessinnen und Models auf den Titelblättern. Alle lächeln und haben wunderbar reine Haut, weiße Zähne und sind glücklich. Die Titelfrauen sind angeblich alle in froher Erwartung, die Männer sind allesamt kommende Weltstars. Das ist großartig. Die Welt ist heil. Wie könnte ich diese nahezu vollkommene Situation noch verbessern? Genau. Richtig. Meine Tasse ist leer. Ich bestelle einen Milchkaffee.
Weitere drängende Fragen tauchen in meinem ausgeschalteten Kopf auf. Wird er, der Milchkaffee mich wachhalten können? Oder werde ich einschlummern? Halblaut murmele ich die Antwort:
„Ich habe den Mut, die Kraft und die Entschlossenheit es herauszufinden.“
Ich schließe die Augen und döse.
Was ist das? Ein leises Brummen? Tatsächlich. Ein Luftschiff fliegt sanft brummend über den Dächern Kölns vorbei. Es steuert direkt auf die nahe Sonne zu. Ich schieße ein Foto. Und das war es auch schon für heute. Gähn. Schnarch.
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