Es ist 8:34 h am Sonntag Morgen und ich sitze schon am PC. Nicht schlecht. Bei mir ist auch ein Muskelkater, der mich ständig daran erinnert, dass ich gestern Morgen ein paar Liegestützen geschafft habe, am Mittag meine Wohnung gereinigt, danach vier Stunden lang allen möglichen Kram geschleppt und am Abend noch im Fitnessstudio ein knappes Stündchen mit wechselnder Begeisterung auf dem Laufband vor mich hin geschwitzt habe. Kenner der Materie werden etwas ahnen: Da sind möglicherweise, mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar, ein paar Vermeidungshandlungen dabei. Man könnte sich ja der überfälligen Steuererklärung oder einer der auf großen orangefarbenen Klebezetteln notierten Aufgaben („Dringend!“) widmen, die so dekorativ und ständig nach Aufmerksamkeit heischend an der Leinwand neben meinem Schreibtisch angebracht sind.

Bei der Planung der von mir abzuarbeitenden Aufgaben bin ich sehr penibel. Alle Aufgaben und Ideen dazu werden bis ins Detail festgehalten. Auf Post-Its, im Handy, in Outlook, auf der Schreibtischunterlage, auf Servietten in Cafés, in Notizbüchern (ja, Mehrzahl!) auf den Oberarmen von Bekannten, etc. pp. Da ich durchaus meine kreativen Momente habe, kommt da ganz gut was zusammen.

Es ist natürlich ungemein hilfreich, all diese Informationen bei Gelegenheit zusammenzuführen. Das erleichtert die Priorisierung. Theoretisch. Sagen zumindest die Autoren diverser Fachbücher zum Themenkomplex Selbst-, Zeit-, und Lebensmanagement. Man ist sich einig. Also die Theoretiker sind sich einig. Die Realität sieht aber anders aus, verehrte Freunde der Zeitistkostbar-Blablablaprosa.

Nun denn. Ich führe alle angesammelten Informationen regelmäßig, also was sich für mich wie regelmäßig anfühlt, zusammen. Aber selbst wenn ich diesen Wust von Informationen zusammenführe, ist ein Zugewinn an Erkenntnis und ein Anstieg der Produktivität danach nur sehr rudimentär festzustellen. Für andere Menschen Planungen aufzustellen und diese abzuarbeiten gelingt mir sehr gut. Die einzelnen Punkte werden nicht zwangsläufig in einer für Außenstehende logischen Reihenfolge erledigt, aber sie werden erledigt. Sehr hilfreich ist das plötzliche Herannahen einer Deadline, also eines Abgabe- oder Fertigstellungstermins. Dieser taucht beim Umschlagen der Seite im Tisch- Wochenkalender auf und bekommt dann augenblicklich eine hohe Priorität. Flexibilität ist eine ausgeprägte Stärke meinerseits. Und das funktioniert sehr gut. Also das mit der Flexibilität.

Ich kann mich durchaus nur einer Sache widmen und vertiefe mich im Folgenden in das letzte Detail und durchdringe die Thematik vollkommen. Ich lasse mich allerdings auch leicht ablenken. Für letzten Freitag hatte ich mir fünf Dinge zum Abarbeiten auf ein kleines Post-It aufgeschrieben. Bis zum Nachmittag hatte ich drei davon geschafft. Punkt vier war die Steuererklärung. Da meldete sich eine gute Bekannte, die ich seit Monaten nicht gesehen hatte und die in Kürze für ein paar Monate auswandert, um entspannt auf das Meer zu blicken, muskulöse Surfer nach deren Attraktivitätsgrad zu bewerten und nebenbei ein Buch zu schreiben. Natürlich habe ich einem zeitnahen Treffen zugesagt und unversehens waren wieder drei Stunden auf interessante Art und Weise vergangen. Danach war das Bewusstsein für das Erledigen der restlichen beiden Aufgaben nicht mehr ganz so ausgeprägt.

Es ist jetzt 9: 47 h. Während ich diesen Text geschrieben habe, habe ich mich nebenbei online über die richtige Lagerung von Medikamenten informiert, die Nachrichten des Tages in der Online-Presse sondiert, meine Wetter-App konsultiert, das Bett gemacht, etwas von dem gestern übriggebliebenen Staub gewischt und zweieinhalb Bissen von drei verschiedenen Bananen gegessen. Alle drei Bananen waren bereits im fortgeschrittenen Stadium der Reifung und nur noch teilweise genießbar. Also musste ich erst nach den noch guten Gewissens genießbaren Teilen forschen.

Und was soll ich sagen: Ich bin mit dem Ergebnis zufrieden. Jetzt gehe ich erst mal frühstücken.