Uff. Noch zwei Tage bis Weihnachten und ich merke deutlich wie platt ich bin. Die letzten Monate waren gut gefüllt und es gab einiges zu knabbern. In mehrfacher Hinsicht. Seit Anfang Dezember wurde ich mehrfach mit Plätzchen beschenkt und habe schon seit einer Woche mein After Christmas-Gewicht. Bei den Vorbereitungen für eine Hochzeit letzte Woche brauchte ich fünf Anläufe zum Binden und dem korrekten Sitz der Krawatte. Nur um festzustellen, dass deren Rückseite nach vorne zeigte. Wobei das schon wieder fast nach einem kreativem Ausdruck meiner Persönlichkeit aussah. Langsam scheint eine längere Pause angebracht zu sein.
Esstechnisch werde ich dieses Mal an den Feiertagen etwas Neues, etwas komplett anderes ausprobieren. Ich habe meinen Fleischkonsum in diesem Jahr drastisch reduziert. Das war nötig. Der gesunde und von der Gesellschaft für extrem genussvolles aber leicht verkürztes Leben (GegalvL) empfohlene Dreiklang aus jeweils einem Drittel Fleisch, Süßigkeiten und Alkohol war einfach aus den Fugen geraten.
Aber dieses Jahr gibt es einen Braten zum Fest. Einen angeblich extrem zarten und duftenden Braten. Ein mir bis dato nur vom Hörensagen bekanntes Tier hat mein Bild des Tierreiches auf den Kopf gestellt. Medial ist es überall präsent und es gibt Plüschtiere, Zahnbürsten und Kondome in der Form und Farbe dieses Tieres. Ich meine natürlich das gemeine, furchtbare und zuckersüße Feld-, Wald- und Wieseneinhorn. Es gibt ja eine regelrechte Einhornplage in diesem Land. Angeblich dürfen Spaziergänger, die in den Wäldern rund um Köln spazieren gehen und auf die Viecher treffen, diese spontan jagen oder einfangen. Auch ohne Jagdschein. Es gibt Menschen und Firmen, die wollen plötzlich in ihr Firmenlogo ein oder mehrere Einhörner integrieren. Weil das ja so furchtbar süß aussieht. Glücklicherweise arbeite ich nebenbei als hochbezahlter Spezialist für Trendexorzismus und kann meine Patienten schnell wieder von der Debilitätsgrenze zurück ins wahre Leben führen.
Gestern wollte man mir in einer Drogerie in der völlig überfüllten Kölner Innenstadt Proben eines neuen Glitzer-Einhornduschgels andrehen. Eine junge, durch dunkelbraune Schminke und eine dunkelblaue Lippenstiftfarbe optisch entstellte Verkäuferin sagte zu mir:
„Das duftet wunderbar nach Zuckerwatte, feinen Butterplätzchen und lädt zum Kuscheln mit Ihrer Liebsten ein. Jede Frau liebt diesen Duft.“
Ich habe den zuckersüßen Vortrag aber sofort feinherb-männlich gekontert:
„Meine Hausärztin warnt vor diesem Zeug. Sie sagte mir in deutlichem Ton, dass Einhornduschgels aufgrund des ungesund hohen Anteils von Zuckerwatte und Zuckeraromen Diabetes und Herzverfettung auslösen können.“
„Was? Im Ernst?“
„Ja sicher! Viele jungen Frauen sind davon betroffen. Wenn das Badezimmer der Betroffenen auch noch primär in pink gehalten und reiten ihr Lieblingshobby ist, droht zusätzlich die Gefahr deutlich mehr als 20 Jahre Single zu bleiben. Weil ein Großteil der Männer diese aparte Mischung aus Zuckerwatte und Pferdedung olfaktorisch als Zumutung bewertet. Und der Rest ernährt sich ausschließlich von rohem Fleisch und riecht selber nach Pferd.“
Sie war etwas schockiert von dieser Information und wurde blass. Trotz Selbstbräuner. Ich habe mich natürlich sofort nach Ihrem Befinden erkundigt.
„Geht’s Ihnen gut? Ihre Lippen sind so blau.“
Daraufhin brach Sie ihre nervigen Promotion-Bemühungen fruchtlos ab.
Woher kriegt man nun dieses zarte Einhornfilet ohne selbst auf die Jagd zu gehen? Glücklicherweise ist direkt neben meinem Wohnhaus ein Kosmetikinstitut mit integrierter Einhornanbindestelle. Ich habe ein dort geparktes Einhorn unauffällig mit einer per Sprühdose pink gefärbten Möhre auf die direkt davor liegende Bushaltestelle gelockt. Der wie gewohnt unachtsame und generell sehr spät bremsende Busfahrer der örtlichen Verkehrsbetriebe hat den Rest erledigt. Allerdings hat der arme Kerl ein Horntrauma davongetragen. Die auf dem Bus wartenden Kinder und Mütter waren schockiert. Die Männer applaudierten. Ein älterer Herr mit Anzug und Krawatte meinte im Vorbeigehen zu mir:
„Wieder eins von diesen Drecksviechern weniger.“
Auf dem Pressefoto des Unfalls sieht man ein erstarrtes Einhorn mit Möhre im Maul in der zerstörten Frontscheibe des Busses stecken. Kurz vor dem Aufprall hat das Einhorn, durch das laute Hupen des Busses irritiert, den Kopf in Richtung Bus gewendet und das Horn plus anhängendem Einhorn blieb auf Höhe des Fahrers in der Scheibe stecken. Bevor die Polizei an Ort und Stelle erschien, haben ein paar Passanten und ich schnell etwas frisches Einhornfilet zum Eigengebrauch entnommen. Zum Glück war ich wieder zurück in meiner Wohnung, bevor die frisch kosmetisierte Besitzerin des nervigen Modetieres aufkreuzte.
Am Ort des Geschehens roch es übrigens noch Tage später deutlich nach Zuckerwatte und Blumen. Ich hoffe jetzt nur, dass das Fleisch nach dem Würzen einen anderen Geruch verströmt. Zur Not gibt es Einhorntopf nach Jäger Art. Champignons rein, alles wird mit brauner Soße überzogen, Serviettenknödel dazu und fertig.
Ab dem zweiten Weihnachtsfeiertag bis zum neuen Jahr faste ich und esse ausschließlich Plätzchen. Aber vorher sortiere ich die pink gefärbten Plätzchen aus. Die sind mir zu süß.
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