Letzte Woche habe ich mich einer der letzten großen Herausforderungen in unserer modernen Konsumgesellschaft gestellt. Eine Einzelhandelskette bot Kopfkissen in verschiedenen Varianten zum Spottpreis an. Wie es der Zufall wollte hatte ich gerade erheblichen Bedarf nach einem neuen stabilen Kopfkissen, dem ich mich des Nachts vertrauensvoll anschmiegen und darauf ablegen konnte. Zumindest den Kopf und Teile der Schulterpartie.

Solche Angebote sind häufig im Verkaufsprospekt mit dem Zusatz „Angebotsmenge kann bereits am ersten Tag ausverkauft sein“ versehen. Das erhöht den Druck, sich frühzeitig in eine Filiale der Kette zu bewegen, zeitnah die vorhandenen Kissenvarianten zu prüfen und dann mit dem ausgewählten Exemplar in Richtung der Kasse zu eilen. Und natürlich muss man sich mit den anderen Interessenten eine gediegene Kopfkissenschlacht liefern. Da kann dann gleich das Füllmaterial der Kissen beim umherfliegen begutachtet werden.

Ich habe in der jüngeren Vergangenheit mehrere Varianten von Kopfkissen ausführlich ausgetestet. Diese Tests sind langwierig und oft beginnt direkt danach die Suche von neuem. Manche Kopfkissen waren zu klein, manche zu groß, einige zu niedrig, wenige zu hoch, viele rochen nach Plastik, einige rochen nach Metall, bei einigen begannen des Nachts die Ohren zu schmerzen oder gar taub zu werden, obwohl das Kissen haptisch zunächst recht weich erschien. Viele waren so flauschig und gaben so stark nach, dass ich das Gefühl hatte der Kopf liegt plan auf der Matratze auf. Dafür brauche ich dann wiederum kein Kopfkissen. Das geht auch ohne Kissen.

Interessant ist oft das Etikett. Mit kryptischen Symbolen werden dort die wichtigen Vorgaben bezüglichen des richtigen reinlichen Erhalts des Kopfkissens mitgeteilt.  Dort steht verklausuliert, welches die richtige Waschtemperatur des Kopfkissenbezuges ist, ob im Trockner getrocknet werden darf oder ob ausschließlich per Handwäsche bei konstant 19 Grad Wassertemperatur bei Vollmond an ungeraden Tagen mit einer milden Seifenlauge, gewonnen aus Zutaten vom Markt in Köln-Nippes, welche an einem zweiten Dienstag im Monat zwischen 8:37 und 9:15 Uhr gekauft werden müssen, gereinigt werden darf. Ich glaube aber, dass Etiketten in Kopfkissen, die zuletzt genannte Informationen und Vorgaben beinhalten, eher für eine sehr spezifische, mir bisher nicht bekannte, Seitenrückschläferteilzeitzielgruppe mit Hang zum Kopfrotieren gedacht ist.

Ich habe mir ein Seitenschläferkissen gekauft. Die Entscheidung fiel mir dann doch sehr leicht. Von den drei Modellen im Angebot sah eins aus wie ein überlanger unappetitlicher Schokoriegel aus Baumwolle, ein Kissen hatte ein großes rundes Loch in der Mitte, wodurch bei mir sofort die Preis-Leistungsverhältnis dieses Produktes negativ ausfiel und das Dritte schließlich war wellenförmig und war optisch den mir bisher bekannten Modellen sehr ähnlich.

Beim Auspacken zu Hause bekam ich allerdings etwas Gleichgewichtsstörungen. Das Kissen war in eine Plastikfolie eingeschweißt und ich hatte das Gefühl mein Gesicht in die Ausdünstungen eines brennenden Autoreifens zu halten. In der ersten Nacht roch es noch deutlich nach Kunststoff, später dann etwas metallisch. Vielleicht reift das Kissen nach dem Auspacken erst unter Sauerstoffzufuhr zum eigentlichen Weichheitsgrad heran und verändert währenddessen seine Molekularstruktur. Wein wird ja auch erst nach dem Dekantieren zu einem geschmacklichen Genuss. Manchmal zumindest.

Am nächsten Morgen hatte ich rote Augen. Das kommt zwar hin und wieder vor, erschien mir aber doch etwas suspekt. Ich habe dieses hochwertige Kunststoffprodukt dann erst mal ausführlich auslüften lassen. Jetzt, nach einer Woche, ist der Geruch neutral und ich gewöhne mich langsam an das geschwungene, nicht zu harte Kissen. Doch, ich schlafe gut und erquicklich damit aber bilde mir ein, dass die Barthaare seit neuestem rechts spärlicher wachsen. Ich schlafe ja oft auf der rechten Seite. Das kann natürlich auch ganz andere Ursachen haben. Vor ein paar Tagen hat eine als Einhorn verkleidete Frau mit einem Huf (oder war es das Horn?)  ungelenk meine rechte Gesichtshälfte touchiert. Dabei empfand ich deutlichen Ekel, weil die Ausdünstungen des Fabeltieres bereits aus mehreren Metern entfernt zu riechen waren. Ich werde die Sache beobachten und einen  Barbier zu Rate ziehen.

Übrigens wollte ich Karneval als Einhornmetzger gehen. Jetzt habe ich mich aber doch für die Variante Kühlschrank füllen für eine Woche und Stacheldraht ums Haus entschieden. Kopfkissen schlägt Einhorn.