Mir tränen derzeit heftig die Augen. Und ich erfahre viel Anteilnahme von meinen Mitmenschen. Das liegt aber nicht daran, dass ich überzeugter Anhänger von HSV oder der wankelmütigen Domstadt-Elf wäre, die verdientermaßen beide auf den Abstieg zutaumeln, sondern weil der sanft erwachende Frühling mit Macht beginnt, Blütenpollen und andere meinen Körper belastende Substanzen in die Gegend zu schleudern. Man könnte auch sagen, mein Körper kommuniziert sehr intensiv mit der neuen Jahreszeit. Leider bleiben da die Frühlingsgefühle aus.
Das ist aber nicht das einzige Belastende. Die neue Bundesregierung steht endlich. Das ist eine gute Nachricht. Nun könnte man ja erwarten, dass das Bundeskabinett eine Versammlung der besten Köpfe dieses Landes ist. Dieser hehre Anspruch wurde aber leider deutlich verfehlt. Diese Ministerriege ist eine Mischung aus viel Vergangenheit, viel Proporz, zu viel Lobbyhörigkeit und den Resten der Hoffnung auf einen wirklichen Neubeginn. Stattdessen teilt zum Start erst mal ein aus dem Süden nach Berlin zwangsabgeschobener Minister für Inländisches, Heimatgefühle und Bauklötzchen seine sehr begrenzte Sichtweise auf sein Heimatland und dessen Bevölkerung mit. Gut, er ist politisch im fortgeschrittenen Alter und muss sich bemerkbar machen um wenigstens hin und wieder in die Schlagzeilen zu kommen. Nun fehlen seit längerem mehrere hunderttausend bezahlbare Wohnungen in diesem Land. Da könnte man die Prioritäten ja mal entsprechend setzen. Wenn sich nämlich eine Regierung um die wirklich wichtigen Probleme kümmert, dann fühlen sich die Menschen verstanden. Und dann wachsen die Heimatgefühle von selbst. Das geht auch ohne Ministerium. Außerdem ist dieses Jahr wieder Fußball-WM, da werden die Heimatgefühle wieder automatisch in astronomische Höhen steigen.
Auch die Situation der Autoindustrie belastet mich. Unzählige verantwortliche Manager sind im Zuge des Dieselmotorsoftwaremanipulationsskandals in Deutschland sofort verhaftet worden. Sie wurden in Rekordzeit vor Gericht gestellt, verurteilt und sitzen jetzt im Knast ihre verdiente Strafe ab. Milliarden von Euro wurden unbürokratisch an die betrogenen Autofahrer in Deutschland gezahlt und die Autos auf Kosten der Industrie nachgerüstet. Jetzt wird sogar schon die noch gar nicht existierende Euro-Norm 5v12 erfüllt. Vorbildlich. Ich hoffe die Autokonzerne, besonders VW und ihre Aktionäre mussten nicht zu viel unter der ganzen Sache leiden. 11,4 Milliarden Euro Nettogewinn sind wirklich nicht viel. Wir sollten alle eine Gedenkminute für die Autokonzerne einlegen. Am besten bei der nächsten Abholung des Hausmülls. Da kann man das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Meine Nase läuft übrigens auch.
Aber drei, aber inoffiziell vier Absätze über Belastungen reichen für einen Freitag Abend vollkommen aus. Deshalb öffne ich eine weitere Familienpackung Papiertaschentücher und wünsche allen Allergikern und sonstigen weltoffenen Randgruppen der Bevölkerung einen schönen Abend.
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