Die Tür geht auf. Ich habe vergessen abzuschließen. Weil ich ja nur duschen wollte. Und rasieren. Jetzt stehe ich völlig überrascht und nur leicht mit Rasierschaum im Gesicht bekleidet, vor dem Spiegel. Sie ist auch überrascht.  

„Oh, entschuldige bitte. Ich habe nicht angeklopft.“

Clara starrt mich an.

„Was machst du denn da?“

Hm?

„Wonach sieht es aus? Ich rasiere mich.“

„Ah, okay. Ich bin nur irritiert, weil das farblich nach einem Unfall mit schlupfpinkem Schaum aussieht.“

Sie kichert. Dann lacht sie prustend los. Ich bin etwas pikiert und will mich rechtfertigen. Sofort.

„Schlümpfe sind hellblau, nicht pink. Du verwechselst wohl Schlümpfe mit Einhörnern.“

Sie verschränkt die Arme und spielt die strenge, bei einer Unmöglichkeit ertappte Dame.

„Entschuldigen sie bitte, werter Herr. Natürlich, wie konnte ich nur Schlümpfe mit Einhörnern verwechseln.“

Ich blicke in den Spiegel und sehe sie an. Sie neigt den Kopf etwas und sieht mich forschend an.

„Sag mal, das ist doch mein Rasierschaum. Der für die Beine. Der Duft…“

…sie schnuppert an meinem Gesicht,

„…das ist eindeutig mein Rasierschaum. Du benutzt meinen teuren, nach Zuckerwatte duftenden Rasierschaum für MEINE zarten Beine für DEIN vor harten Bartstoppeln nur so strotzendem Gesicht. “

Jetzt erst fällt mir auf, dass es hier deutlich nach Zuckerwatte riecht. Ich rieche nach Zuckerwatte. Es fühlt sich auch so an. Natürlich hatte ich noch nie Zuckerwatte im Gesicht kleben, aber die physische Anmutung des süßlich duftenden Rasierschaumes in meinem Gesicht kommt dieser Vorstellung sehr nahe. Sie legt eine Hand auf meinen Oberarm.

„Es ist völlig in Ordnung, dass du meinen Rasierschaum benutzt mein Schatz.“

Sie gibt mir einen Kuss in den Nacken. Vermutlich weil mein Gesicht voller Zuckerwatte ist und die ja bekanntlich sehr klebt. Ich verdrehe die Augen. Ich weiß, was jetzt kommt.

„Du darfst gerne meinen Rasierer für die Beine benutzen. Dieses wunderbare Pink passt sehr gut zum Duft des Rasierschaumes. Und zu deinem makellosen Körper.“

Sie betont makellos etwas zu deutlich für meinen Geschmack und grinst mich frech an. Das geht so nicht. Ich fühle mich in meinen Bemühungen, mich zu rasieren und den Bart zu stutzen, nicht ernst genommen.

„Danke, aber ich nehme lieber den stumpfen Haustürschlüssel zum Rasieren. Ich mag es, wenn meine Gesichtshaut nach dem Rasieren leicht blutig ist. Das frische Blut macht die Haut einfach zarter.“

„Aber nein. Ich bestehe darauf, dass du meinen Rasierer für zarte Damenbeine benutzt.“

Sie haucht jetzt die Sätze in mein Ohr.

„Die letzten drei Kerle, die sich hier mit ihrem  Haustürschlüssel rasieren wollten, sind leider dabei verblutet. Und dann musste ich die Sauerei wegmachen. Darauf habe ich jetzt keine Lust. Es ist Samstag und ich möchte nicht putzen. Das kannst du später erledigen.“

Sie lacht, gibt mir einen sanften Kuss auf die Schulter und dreht sich um. Sie schließt die Tür, bis nur noch ein Spalt auf ist.

„Wenn du fertig bist, ist der Kaffee durch. Und das Frühstück fertig.“

Ein letzter Kuss fliegt zu mir und die  Tür schließt sich.

Das heißt wohl, ich muss mich etwas beeilen. Der Rasierschaum ist schon ziemlich trocken geworden. Ich setze den pinken Beinhaarrasierer am Hals an und ziehe ihn langsam hoch bis zum Kinn. Das geht ganz gut, obwohl der Rasierer nur drei Klingen hat. Drei für Frauen, fünf und mehr für Männer. Ich werde mir heute einen Nachschlüssel von meinem Haustürschlüssel anfertigen lassen. Und den bei ihr liegen lassen. Natürlich nur zum Rasieren.