Am letzten Donnerstag habe ich zum ersten Mal seit Monaten wieder das Fitnessstudio meiner Wahl besucht und im Schweiße meines Angesichtes trainiert. Und es hat sich nichts, aber auch gar nichts geändert in diesem industriellen Ganzkörperselbstbeweihräucherungsschuppen.
Ein Training am Vormittag hat den Vorteil, dass nur wenig fitnessaffine Menschen zugegen sind. Von den circa 15 Laufbändern waren nur zwei besetzt und ich wählte das genau in der Mitte der breiten Fensterfront für mein voraussichtlich halbstündiges Ausdaueraufwärmprogramm. Kaum hatte ich das Laufhilfsgerät erklommen, näherte sich von rechts hinten ein dunkler Schatten mit großem Gelärm. Es war die Putzfrau mit ihrem leistungsstarken Staubsauger und weiteren Putzutensilien. Sie saugte und wischte rund um die und unter den Laufbändern. Für ein paar Sekunden stand ich im Gebläse des lärmenden Staubsaugers, was eine Reinigung der sowieso nicht optimal klarsichtigen Brillengläser nach sich zog. Dann war mein Laufband rudimentär gereinigt und ich konnte mich wieder dem Wesentlichen widmen. Dem Laufen und dem Genuß des Ausblickes.
Von hier hat man den schönsten Blick auf die stark befahrene innere Kanalstrasse und die Ausläufer des Grüngürtels. Wenn man da von einem schönen Ausblick überhaupt sprechen kann. Weil hier eine Verkehrsader und ein Naherholungsgebiet aufeinandertreffen. In Köln sind diese beiden Funktionsbereiche ja oft eng miteinander verwoben und kaum unterscheidbar. An einem solchen neuralgischen Punkt trainiert man doch gerne.
Kaum hatte ich mich in Bewegung gesetzt, fiel mein Blick auf ein Gebilde welches im Sonnenlicht weißlich schimmerte. Ich erkannte es sofort wieder, dieses Kunstwerk der Natur. Tatsächlich, es ist noch da. Nach all den Monaten. Wie bei meinem letzten Training hier, hängt immer noch das kunstvoll geknüpfte Spinnennetz im rechten oberen Fensterrahmen. Beständigkeit ist ja wichtiges Merkmal im Umgang von Dienstleistern mit ihren Kunden. Gerade in der schnelllebigen Fitnessbranche mit ihren vielen tollen Neuerungen tut es gut, wenn sich der Kunde nach längerer Abwesenheit sofort wieder zurechtfindet.
Ich habe kurz überlegt, ob ich die Putzfrau auf das Netz hinweisen soll, aber nach kurzem Überlegen dagegen entschieden. Ich hätte dann das gerade begonnene Training schon wieder unterbrechen müssen und bei einer eventuellen zukünftigen weiteren Fitnessabstinenz würde mir die Wiedereingliederung bestimmt schwerer fallen. Also spinnen und spinnen lassen. Das ist ja Teil des kölschen Grundgesetzes.
Übrigens war der letzte Donnerstag auch gleichzeitig der Valentinstag. Die beim Blumenhändler meines Vertrauens erstandene Rose zur Sichtbarwerdung meiner Gefühle gegenüber der Frau meines Herzens hat am heutigen Samstag aber bereits den Kopf hängen lassen. Das Rosen heutzutage nicht mehr angenehm duften ist eins. Überzüchtung, Mangel an Duftstoffen und der Preisdruck sind bekannte und ungewollte Erscheinungen im Rosengeschäft. Aber das Hängen lassen des Kopfes nach nur zwei Tagen empfinden die Rosenempfängerin und ich als nicht tolerabel. Deshalb werde ich das Gewächs aus Massenfertigung am kommenden Montag schwungvoll auf die Theke des Blumenhändlers schleudern und darauf drängen, dass dieser schlaffe Aufprall zu einer Änderung im zukünftigen Rosenangebot führt. Schließlich schleppe ich mich auch wieder zum Training und lasse mich von einem zünftigen Muskelkater auch nicht von weiteren Trainingseinheiten abhalten. Aloha.
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