„Du hast ja doch wieder diesen Mist gekauft.“

Sie hält eine kleines Gläschen mit grünem Etikett hoch. Der Mann, der die Einkäufe aufs Band an der Kasse legt, schaut auf.

„Die waren das? Ich dachte, wir hatten über den Kürbisaufstrich von Aldi gesprochen.“

Die Frau schüttelt genervt den Kopf.

„Nein, haben wir nicht. Hörst du mir überhaupt zu? Wenn Emil-Tristram wieder was von diesem Mist isst, speit er sofort wieder. Dann kannst du saubermachen. Mit reicht es.“

Emil-Tristram sitzt im Kindersitz des Einkaufswagens vor mir und bohrt engagiert in der Nase. Sobald er genug Material gefunden und abgebaut hat, wandert dieses in den Mund. Das Gespräch seiner Eltern interessiert ihn nicht. Umso mehr die Süßigkeiten im Umfeld der Kasse. Er zeigt wortlos auf einen Karton mit Schokoriegeln. Seine Eltern sind aber beschäftigt und beachten ihn nicht.

„Hallo?“

Speien statt reihern. Das hört sich nicht ganz so schlimm an. Der angesprochene Mann sagt nichts und räumt weiter die Einkäufe auf das Band.

Vor meinem geistigen Auge sehe ich mich an einer Straße stehen, ein Kombi fährt vorbei, bremst plötzlich ab und stoppt. Das hintere Autofenster ist von innen strahlenförmig mit einer grün-braunen Flüssigkeit eingefärbt, die langsam herunterläuft. Von hinten ertönt Kindergeschrei und von vorn zwei streitende Erziehungsberechtigte.

„Bernd?“

Die Frau insistiert.

„Bernd, bitte gib mir ein Zeichen, dass du mich verstanden hast. Oder schweigen wir heute wieder einmal?“

Der letzte Satz kam etwas zu hämisch für meinen Geschmack. Bernd schnaubt, unterdrückt aber die aufkommende Aggression, atmet langsam und tief aus, verschafft sich somit etwas Erleichterung in diesem Konflikt und antwortet tonlos.

„Melody, ich habe dich verstanden. Können wir das bitte zu Hause weiter diskutieren?“

Melody verschränkt die Arme, sieht ihn ausdruckslos an und überlässt ihrem Bernd das Einräumen der Einkäufe in den Korb. Bananen, Paprika, Milch und Tiefkühlfisch – alles Bio. Dazu ein Kasten Mineralwasser in Glasflaschen, zwei Flaschen Rotwein aus Frankreich, etwas Käse von der Käsetheke. Und Butter. Nein, es ist eine Butterimitation mit dem schönen Namen Streichzart. Etwas mehr Zärtlichkeit zwischen Melody und Bernd könnte das Einkaufserlebnis bestimmt deutlich steigern.

„Melody, kannst du bitte den Korb nehmen?“

Wortlos nimmt Melody den Korb und starrt in Richtung Ausgang. Ob es wohl auch Menschen mit Namen wie Rhythmus oder Quadrupelfuge gibt? Die werden bestimmt oft gehänselt. Rhythmus ist der Tänzer, Rhythmus ist der Tänzer und so was. Emil-Tristram fängt an zu quengeln. Er will einen Schokoriegel aus dem Regal an der Kasse nehmen, aber die popelverschmierten Fingerchen sind noch zu kurz. Trotzdem halte ich lieber etwas Abstand und lege meine drei Einkäufe ganz an das Ende des Bandes. Etwas Sicherheitsabstand vermeidet Kollisionen, nicht nur im Strassenverkehr. Bernd zahlt und nimmt den Jungen aus dem Sitz des Einkaufswagens.

Ich winke Emil-Tristram zum Abschied mit einer Packung Spaghetti zu, aber er kommentiert seine Nichtbeachtung durch seine Eltern mit ein paar Tränen. Jetzt haben sie doch den bösen Aufstrich mitgenommen. Das wird noch einige Missklänge zur Folge haben, fürchte ich.