Konsum in der Kölner Innenstadt strengt an, bummeln kann dagegen sehr wohltuend sein. Heute wird gebummelt und zwar in ebendieser Innenstadt. Da, wo sich shoppende, aufs Handy starrende Fußgänger eng an vorbeihuschende Radfahrer anschmiegen und nach erfolgtem, nicht ganz berührungsfreiem Passiervorgang, beschimpfen. Da, wo dicke Kinder freudestrahlend Eis schlecken dürfen und nach erfolgtem Schlecken von ihren Eltern für den Eiskonsum gemaßregelt werden, damit den Therapeuten in den kommenden Jahrzehnten die Arbeit nicht ausgeht.

Meine bezaubernde Begleitung gibt mit ihrem Einkaufszettel die Marschroute durch die Stadt vor. Trotzdem kommen wir zwangsläufig an den Brennpunkten des Konsums vorbei, an denen natürlich ein kurzer Blick in das Angebot erlaubt sein muss.

Da ist Rituals. Das ist der Ort, an den alle weiblichen Menschen mit Sinn für das Schöne und Duftende Halt machen müssen. Gerne auch bei allen Filialen in der Innenstadt. Hier ist Proberiechen angesagt. Und, am Allerwichtigsten, Hände waschen. Einmal, zweimal, einfach so lange, bis alle Scrubs und sonstigen duften Substanzen auf die Hände aufgetragen, beschnuppert und wieder abgewaschen sind. Ocean Scrub, übersetzt heißt das  etwa Abrieb des Ozeans, scheint der Favorit der Damen zu sein. Das Ocean Scrub Behältnis ist nämlich fast leer. Nach dem Abwaschen des Abriebs werden die Hände wieder beschnuppert. Ich bin nicht so ausdauernd. Nach dem maximal zweiten Händewaschen muss ich raus. Zumal mir eine Angestellte des Rituals dauernd diesen üblen Tee aufdrängen will, bei dessen Geruch sich mir die Fußnägel ganz ungeschmeidig aufrollen. Ich halte dann die Luft an und eile an die Frische, um sie zu schnappen.

Nicht weit entfernt ist TK Maxx. TK steht in diesem fall nicht für Tiefkühlkost. Nein, TK Maxx ist ein Kaufhaus. Nein, dass stimmt auch nicht. Es ist eher ein Gemischtwarenladen. In den besten Momenten strahlt dieser innerstädtische Gemischtwarenladen Wühltischatmosphäre aus.  In den schlimmsten Momenten hat man das Gefühl, mit Benzin und einem Streichholz jetzt der Menschheit einen großen Gefallen tun zu können. Was ich aber nie in die Tat umsetze, weil die frisch geschrubbten Hände sonst nach entflammbarem Material riechen und dann muss ich nochmal zurück zum Ritual. Und dann kommt die Teefrau, mir wird wieder schlecht, und das will ich nicht.

Futter gibt es bei Kitty Chai. Meistens Fisch mit frischer Fertigsauce. Da setzt die Gegenreaktion des Magens erfahrungsgemäß im Regelfall erst ein, wenn man wieder zu Hause ist. Also rechtzeitig. Das Personal in diesem angeblich sehr stylischen Futtertrog wechselt dauernd. Die neuen Bedienungen, also fast alle, fassen Getränke immer am oberen Rand des Glases an, dort wo der Dürstende eigentlich durch den direkten Kontakt Ihrer Lippen mit dem Glas trinken möchte. Ich weise die Bedienung auf den hygienischen Lapsus hin, worauf sie mürrisch ein neues Glas bringt. Woraufhin die Flüssigkeit aus dem alten Glas in das neue Glas umgefüllt wird. Wenn das Umfüllen gut geht. Wenn nicht, gibt es ein neues Getränk in einem neuen Glas und der Tisch wird mit einem älteren Lappen von der klebrigen Flüssigkeit aus dem vorherigen Glas befreit. Beim nächsten Besuch beginnt mit dem neuen Personal das Spiel von vorne. Ja, so ist der Rhythmus des Lebens.

Ich tröste mich damit, indem ich der auf dem Tisch stehenden, völlig verdorrten Minzpflanze etwas Wasser gebe. Diese richtet sich, durch das frische Nass gestärkt, in den kommenden Minuten wieder auf. So werden wir bei jedem Besuch in diesem systemgastronomischem Schnellrestaurant Zeugen einer echten Wiederauferstehung. Da müssen andere bis Ostern warten. Jeden Tag eine gute Tat.