Die Macht der T-Party ist stark in dir!

Akt I: Geheime Vorbereitungen

Sie wollen es. Sie wollen es wirklich. Drei Augenpaare sehen mich an. Leuchtende Augen. Diese drei Frauen wollen an einer Veranstaltung der berüchtigten T-Party teilnehmen. Heute Abend. Sie raunen mir zu: „Der Teilnehmerkreis ist begrenzt. Du kannst dazugehören.“ Ich fühle mich leicht unter Druck gesetzt.

Konspirativ werden die potentiellen Teilnehmer angesprochen, umworben und angeworben. Vorab wurden schon Flyer verteilt. Verschwiegen, unter der Hand. Die Agenda der T-Party: Die Menschheit soll sich ganz dem Kunststoff und seinen Reizen hingeben. Plastic Fantastic sozusagen.

Was ist der Reiz einer T-Party? Zahllos sind die Gründe: Vorab das Stöbern im Katalog mit Freundinnen. Die erotisierende Haptik des Plastiks in seinen verschiedenen, sehr küchenkompatiblen Formen. Plastikschüsseln in allen Formen und Farben in ihrer ganzen Pracht. Die dargebotenen Getränke und ihre Wirkung. Das Soziale, das Miteinander. Und: Sie wollen dazugehören. Alle. Gruppendruck, würde ein Soziologe jetzt sagen.

Akt II: Die Party

Ein konspiratives Treffen. Irgendwo in der Kölner Innenstadt. Ein Altbau, hohe Decken. Ein großer, abgedunkelter Raum, überall brennen Kerzen. Leise Musik. In der Mitte des Wohnzimmers, auf einem Podest, thronen die Schüsseln, Kaffeekannen und Siebe. Alles in Bonbonfarben. Die zukünftigen Parteimitglieder haben einen Kreis um diesen bunten Haufen gebildet, fassen sich an den Händen und drehen sich abwechselt mal nach links und nach rechts. Weihrauchgeruch liegt in der Luft.

In der Ecke steht eine stetig größer werdende Ansammlung Sektflaschen. Die Stimmung ist gut, es wird viel gelacht. Stimmen reden freudig durcheinander. Dann geht es in die Küche. Es wird nun wild gekocht und gebacken. Die Ergebnisse werden vorsichtig in bunte Schüsseln verfrachtet. Es ist Essenszeit. Alle Teilnehmerinnen sollen aus mindestens 12 verschiedenen Behältern etwas essen oder trinken, um sich mit Form und dem Geschmack des Produktes vertraut zu machen. Die Zeremonienmeisterin erklärt dabei mit verschwörerischer Stimme die unermesslichen Vorteile des jeweiligen Gegenstandes.

„Und diese Schüssel hat einen geriffelten Boden. Wenn ihr darin Gemüse lagert, hält es sich viel länger. Weil sich das Kondenswasser in den Riffeln sammelt. It´s Magic.“

Die potentiellen Kundinnen sind jetzt mehr als nur interessiert. Sie wollen alles wissen. Mit jedem Schluck Sekt wird der Wissensdurst größer. Jedes Detail wird nun von allen Seiten beleuchtet.

Teilnehmerin 1: „Ist diese wunderbare Schüssel denn auch Spülmaschinenfest?“
Antwort: „Ja natürlich. Du kannst sie auch mit dem Kärcher reinigen. Viele Männer tun das in ihrer Freizeit zum Abschalten!“

Ein Raunen geht durch den Raum. Eine Teilnehmerin fällt auf die Knie und schluchzt „Das Leben hat wieder einen Sinn.“

T2: „Kann ich in dieser Dose auch Desinfektionsmittel aufbewahren?“
A2: „Ja! Wenn du dann noch Lebensmittel reintust, sind diese sogar noch länger haltbar!“

T3: „Kriege ich einen Rabatt, wenn ich gleich drei dieser Eierbecher-Sets für nur je 199 € kaufe.“
A3: „Nein, viel toller: Du kriegst ein Eierbecher-Set für Eier der Größe M gratis mit dazu!“

Der Abend nähert sich unaufhaltsam seinem Höhepunkt… .

Akt III: Der geheime Ritus des Tanzes

Hier kann sich niemand einfach etwas aussuchen und kaufen, O Nein! Eine Bestellung kann nicht einfach ausgesprochen oder schriftlich getätigt werden. Dafür gibt es einen festen, geheimen Ritus. Dieser wird nur mündlich weitergegeben, unter dem Siegel der Verschwiegenheit.

Alle bekommen der Reihe nach die Augen verbunden. Die Aufgabe: Sie sollen am Geruch des Gegenstandes das richtige Produkt erraten. Und seine Vorteile benennen.

Die Spannung ist nervenzerfetzend. Wer sich hier mehr als drei Mal vertut, kriegt den handlichen Orangenschäler aus abwaschbarem Plastik, Noppengriff und integrierter Belüftung nicht mehr zum Sonderpreis.

Dann das Highlight: Die Bestellung. Dieser von Legenden umrankte Initiationsritus.

Jede Bestellung muß getanzt werden. Und zwar rückwärts. Der Tanz umfasst auch die sechzehnstellige Artikelnummer und die genaue Produktbezeichnung aus dem Katalog. Es ist der Plastic-Backwards-Dance. Nichts für Anfänger. Alle raten begeistert mit, welches Produkt gerade getanzt wird.

„Es ist die aufblasbare Espressomaschine aus biologischem Kunststoff, mit selbstreinigendem Siebträger und integriertem Handwärmer für Frauenhände. Ich kann die Präsenz der frisch gerösteten Bohnen förmlich riechen.“

Die Stunden vergehen wie im Flug.

Dann ist der letzte Tanz vorbei, die letzte Schüssel geleert. Alle gehen glücklich nach Hause. Beglückt von sehr haltbarem Plastik und einer tollen Party. Die T-Party hat erneut gesiegt.

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3 Kommentare

  1. Yvonne

    Ich möchte auch eine aufblasbare expressomaschine

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